Randomisiert-kontrollierte Studie aus den USA

Wann einen Leistenbruch bei Frühgeborenen operieren?

  • Ein Leistenbruch ist bei zu früh geborenen Kindern eine der häufigsten angeborenen Anomalien, die operiert werden muss. Eine spätere Operation, das heißt nach Entlassung von der Neugeborenen-Intensivstation, führt laut einer amerikanischen Studie zu weniger Komplikationen als eine frühere Operation.

  • Wann man einen Leistenbruch bei zu früh geborenen Kindern am sichersten operieren kann, wird unter Expert:innen kontrovers diskutiert. Eine Operation vor der Entlassung von der Neugeborenen-Intensivstation kann zu chirurgischen und anästhetischen Komplikationen führen – unter anderem, weil die betroffenen Kinder meist unter schweren Komorbiditäten leiden. Verzögert man die Operation bis nach der Entlassung von der Neugeborenen-Intensivstation, könnte das wiederum das Risiko für Hernien-bedingte Komplikationen erhöhen.

    In ihre Studie an 39 amerikanischen Zentren schloss das Team um Martin L. Blakely, University of Texas Health Science Center, Houston,338 zu früh geborene Säuglinge mit einem Leistenbruch ein, die auf der Neugeborenen-Intensivstation versorgt wurden. Die Kinder wurden entweder vor der Entlassung von der Neugeborenen-Intensivstation operiert, oder danach, wenn sie ein Gestationsalter von mindestens 55 Wochen erreicht hatten. Primärer Endpunkt war das Auftreten von schweren Nebenwirkungen während der zehnmonatigen Beobachtungsphase. Im Durchschnitt betrug das mittlere Gestationsalter bei der Geburt 26,6 Wochen. Von den 338 randomisierten Kindern wurden 320 operiert und von 308 standen komplette Datensätze zur Verfügung.

    28 % der Babys der frühen Operationsgruppe vs. 18 % der Kinder, deren Hernien spät operiert wurden, erlitten mindestens ein schweres unerwünschtes Ereignis, schreiben die Forschenden. Bei zwei vs. sechs Kindern kam es zu einer Inkarzeration, eine Notoperation war jedoch nicht erforderlich. Der Leistenbruch heilte von allein in 4 % vs. 11 % der Fälle.

    Median verbrachten die Säuglinge der frühen vs. späten Gruppe während der 10-monatigen Beobachtungs­phase 19 Tage vs. 16 Tage im Krankenhaus. In einer präspezifizierten Subgruppenanalyse stieg die Wahrscheinlichkeit, dass die späte Reparatur die Anzahl der Kinder mit mindestens einem schweren unerwünschten Ereignis reduzierte, mit einem Gestationsalter < 28 Wochen und bei Vorliegen einer bronchopulmonalen Dysplasie.

    Insgesamt verringerte die späte Operation eines Leistenbruchs die Anzahl der Kinder mit mindestens einem schweren unerwünschten Ereignis, schlussfolgern die Autor:innen. Die Ergebnisse stützen die Strategie, die Hernienreparatur zu verschieben, bis die Säuglinge von der Neugeborenen-Intensivstation entlassen wurden.

    Quelle: HIP Trial Investigators, Blakely, M. L., Krzyzaniak, A., Dassinger, M. S., Pedroza, C., Weitkamp, J. H., Gosain, A., Cotten, M., Hintz, S. R., Rice, H., Courtney, S. E., Lally, K. P., Ambalavanan, N., Bendel, C. M., Bui, K. C. T., Calkins, C., Chandler, N. M., Dasgupta, R., Davis, J. M., Deans, K., … Tyson, J. E. (2024). Effect of Early vs Late Inguinal Hernia Repair on Serious Adverse Event Rates in Preterm Infants: A Randomized Clinical Trial. JAMA, 331(12), 1035–1044. https://doi.org/10.1001/jama.2024.2302 ∙ aerzteblatt.de, 24.4.2024 ∙ DHZ

    Rubrik: 1. Lebensjahr

    Erscheinungsdatum: 25.04.2024